Kurz nachgefragt: David Goldblatt
David Goldblatt ist ein britischer Autor und forscht u.a. zu den Auswirkungen des Klimawandels auf den Freizeitsport. 2023 veröffentlichte er für die Organisation Play the Game „Mapping Sports & Climate - What you need to know to engage in a debate about sport and climate crisis“. Von ihm wollten wir wissen, wie Vereine, Sportinitiativen und -veranstaltungen im Freizeitsport für den Klimawandel und Extremwetter gerüstet sind.
Sie schätzen, dass der Profi- und Amateursport sowie internationale Sportveranstaltungen weltweit für 300 bis 350 Millionen tCO2e verantwortlich sind. Gibt es einigermaßen verlässliche Zahlen, wie viel CO2 durch den Freizeitsport emittiert wird?
Nein, keine. Daher ist es wichtig, dass immer mehr Vereine und Sportinitiativen sich mit CO2-Rechnern auseinandersetzen und ihre Emissionen erfassen und analysieren.
Gibt es signifikante Unterschiede bei den CO2-Emissionen von verschiedenen Sportarten?
Das Hauptproblem ist wahrscheinlich die Anreise der Zuschauer. Je mehr Menschen die Spiele und Veranstaltungen besuchen, desto höher sind die Emissionen. In Großbritannien liegt deshalb Fußball weit vorne, in den USA ist Baseball (wegen der vielen Spiele) wahrscheinlich der größte Verursacher.
Welche Maßnahmen können angesichts der wenigen Ressourcen, die die niedrigeren Vereine oder Randsportarten zur Verfügung stehen, an der Basis ergriffen werden, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren?
Nun, wie jeder und alles andere in einem gerechten Übergang, braucht auch der Freizeitsport die Unterstützung der Regierung und der Verbände. Angesichts der Tatsache, dass die Umstellung der gesamten Energieversorgung auf saubere Energie, die Isolierung von Gebäuden, der Verzicht auf Kunststoffe, wenn möglich der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel und Elektrofahrzeuge, sowie die Herstellung von kohlenstofffreier Sportausrüstung enorme Anstrengungen erfordern, ist es entscheidend, dass diese Bemühungen durch umfassende politische Maßnahmen und finanzielle Unterstützung begleitet werden. Nur so kann der Freizeitsport nachhaltig und klimafreundlich gestaltet werden, ohne dabei die soziale Teilhabe und den Zugang zu sportlichen Aktivitäten zu gefährden.
4. Kennen Sie Beispiele dafür, wie eine Klimastrategie oder Klimamaßnahmen, die in einem Sportverein entwickelt wurden, positive Auswirkungen über den Verein hinaus hatten und zu möglichen Ausgangspunkten für kommunale Klimamaßnahmen wurden?
Die Bohemains in Dublin gehen diesen Weg und nutzen ihre eigene Umstellung auf CO2-Neutralität, um neue lokale Sozialunternehmen zu gründen, die Isolierungen, Solarpaneele und Wärmepumpen herstellen und Ausbildungsplätze für die lokale Bevölkerung schaffen.
5. Extreme Wetterereignisse wie Hitze, Starkregen und Überschwemmungen führen immer wieder zu Spielunterbrechungen oder -verschiebungen. Neben der Verstärkung von Klimamaßnahmen an Gebäuden werden wir uns auch Gedanken machen müssen, wie wir das Spiel selbst in Zukunft neu gestalten können. Kennen Sie Beispiele, in denen Vereine und Verbände dies neu erproben?
Gute Frage. Man verlegt Trainings- und Spielzeiten sicherlich vor allem wegen der Hitze. Golfplätze werden so umgestaltet, dass sie für Flutwellen, Überschwemmungen usw. geeignet sind. Außerdem werden spezielle Maßnahmen ergriffen, um den Wasserverbrauch zu reduzieren und die Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterbedingungen zu erhöhen.
6. In “Mapping Sports & Climate” weisen Sie darauf hin, dass es im Freizeitsport noch Forschungslücken in Bezug auf den Klimawandel gibt. Welche Themen sind das?
Im Grunde alle. Der Freizeitsport ist weitgehend unerforscht. Es gibt eine Menge bruchstückhaftes Material zu diesem Thema, aber nicht viel, das alles zusammenfasst und einen internationalen Vergleich ermöglicht. Wie sieht beispielsweise der CO2-Fußabdruck im Freizeitsport aus? Was sind die konkreten Gefahren des Klimawandels für den Freizeitsport? Dies sind nur einige der Fragen, denen wir nachgehen müssen.
7. Sponsoring ist ein wichtiger Bestandteil vieler Vereine und Sportveranstaltungen. Und viele von ihnen werden von Unternehmen gesponsert, die Teil der Fossilindustrie sind. Wie können Sportvereine und -initiativen, die in allen Bereichen, einschließlich des Sponsorings, Klimanachhaltigkeit praktizieren wollen, von solchen Sponsorings abrücken? Kennen Sie Beispiele?
Nun, im Endeffekt sollte man den Unternehmen, die fossile Brennstoffe verwenden, die Tür weisen. Das war bei den Australian Open vor ein paar Jahren der Fall. Im Freizeit- und Vereinssport kenne ich leider keine Beispiele.
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Publikationen von David Goldblatt
- Mapping Sports & Climate Space - What you need to know to engage in a debate about sport and climate crisis
- The Game of Our Lives:The Meaning and Making of English Football
- The prison where murderers play for Manchester United
- The Games: A Global History of the Olympics